3 Fragen an…

Prof. Dr. rer. nat. Kerstin Lenhof

Gruppenleiterin

Kerstin Lenhof wurde im Oktober 2025 zur Professorin am Institut für Medizinische Bioinformatik des Universitätsklinikums Göttingen (UMG) berufen und ist seither auch mit der CAIMed-Initiative affiliiert. Ihre Forschung bewegt sich an der Schnittstelle verschiedener Disziplinen, darunter Medizin (insbesondere Onkologie), Biologie, Informatik (mit Schwerpunkt auf Bioinformatik und maschinellem Lernen) sowie Ethik. Im Zentrum ihrer Arbeit steht die Entwicklung vertrauenswürdiger Verfahren des maschinellen Lernens für onkologische Anwendungen. Besonderen Wert legt sie hierbei auf deren Zuverlässigkeit, Robustheit und Interpretierbarkeit sowie auf ethische Fragestellungen und menschliche Faktoren bei der klinischen Anwendung. Für sie ist die rechtmäßige, ethische und robuste Implementierung solcher Systeme nicht nur eine wissenschaftliche Herausforderung, sondern eine gesellschaftliche Verantwortung.

1.

Sie arbeiten mit Machine Learning-Methoden für die personalisierte Krebstherapie. Wovon können Patienten künftig profitieren?

Mit KI haben wir die Möglichkeit, die Krebstherapie individueller und präziser zu gestalten. Durch die Analyse großer, heterogener Datensätze kann KI Muster erkennen, die sonst unentdeckt blieben und so fundiertere Therapieentscheidungen ermöglichen. Darüber kann interpretierbare KI dabei helfen, neue Hypothesen zu generieren, die experimentell überprüft werden können. So trägt sie zu einem tieferen medizinischen Verständnis bei. Idealerweise entwickeln wir nicht nur bessere Modelle, sondern schaffen auch eine größere Wissenbasis für informiertere und wirksamere Therapieentscheidungen.

2.

Ihre Forschung bewegt sich an der Schnittstelle von Informatik, Biologie und Medizin. Wie gelingt Ihnen der Brückenschlag zwischen diesen Disziplinen?

Das ist eine schwierige Frage. Für mich liegt der Schlüssel in einer ehrlichen Neugier und einem tiefen Interesse an jeder einzelnen Disziplin. Oft übernehme ich eine Vermittlerrolle, d.h., ich übersetze zwischen akademischen Dialekten und fördere ein gemeinsames Verständnis. Dabei geht es nicht nur um Sprache, sondern auch darum, Perspektiven und Prioritäten aufeinander abzustimmen, um die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu vereinfachen.

3.

Wenn Sie an die Zukunft der medizinischen KI denken, was stimmt Sie optimistisch, und was mahnt zur Vorsicht?

KI bietet große Chancen für die personalisierte Medizin. Durch ihre Fähigkeit, riesige und heterogene Daten schnell zu analysieren, kann sie Muster erkennen, die uns bislang verborgen geblieben sind und so fundiertere Therapieentscheidungen ermöglichen. Damit KI jedoch verantwortungsvoll eingesetzt werden kann, braucht es klare Rahmenbedingungen: verlässliche Regelungen zum Schutz unserer sensiblen Gesundheitsdaten, transparente und faire Entscheidungsprozesse sowie eine eindeutige Klärung von Verantwortlichkeiten. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe – nicht nur für die Industrie, sondern besonders für die Wissenschaft, die trotz ihrer zentralen Rolle bei der Entwicklung vertrauenswürdiger KI oft mit vergleichsweise begrenzten Ressourcen arbeitet.